Arati

Arati

Im Moment reinigt Kuppu den die Wohnung auf drei Seiten umgebenden Balkon. Sie ist eine Tamilin aus den Dörfern und verdient ihr Geld damit, dreimal die Woche im Haushalt zu helfen. Derzeit natürlich völlig unnötig, aber natürlich werden die sogenannten ammaas (tamil: Mutter) aus sozialen Gründen nicht einfach vorübergehend beurlaubt.

Auroville und seine Einwohner schaffen mit den mehr als 5000 Arbeitsplätzen einerseits eine regionale Wohlstandssphäre. Andererseits erzeugen sie auch Abhängigkeitsverhältnisse.
Erstens, indem sie den Willen und die Fähigkeit verlieren, Dinge selbst zu tun, werden sie abhängig von den Arbeitern.
Zweitens, indem sie unnötigerweise laufende Kosten produzieren, werden höhere Geldzuflüsse dringend erforderlich.
Und drittens, indem sie die regionale Ökonomie mit Arbeit und Geld versorgen, machen sie sie von sich abhängig.

Was für die einzelne ammaa gilt, nämlich dass sie auf den regelmäßigen Verdienst angewiesen ist, gilt ebenso für die Dörfer im näheren Umkreis. Das wäre im Prinzip sogar wünschenswert, weil damit ein regionaler Markt entsteht, der weitgehend unabhängig ist von globaler Vernetzung. Das Dumme ist nur, dass Auroville die dafür nötigen Finanzen noch nicht selbst generiert, sondern zu einem Gutteil aus den Taschen von Gästen und Einwohnern importiert. Und leider auch bisher versäumt hat, ein alternatives Wirtschaftssystem, geldfrei oder mit Lokalwährung, einzuführen.
So bleibt es letztlich am Einzelnen hängen, wie nahe man dem Ideal einer nachhaltigen, sich selbst tragenden Ökonomie kommt. Je bequemer das Verhalten, d.h. je mehr Güter und Dienstleistungen man in Anspruch nimmt, die nicht aus dem eigenen System stammen, desto abhängiger ist man von äußeren Faktoren, die den Zustrom des dafür nötigen Geldes beeinflussen. Je mehr man selbst produziert… aber das ist ja auch offensichtlich.

Wenn man mit Leuten über das Thema redet, wird es gern auf „entweder Bequemlichkeit oder Nachhaltigkeit“ zugespitzt, doch wird das der Sache nicht gerecht. Die eigentliche Aufgabe, die sich uns auf materieller Ebene stellt, betrifft die Schaffung einer gesunden Balance.
Auf geistiger Ebene dreht es sich analog um die Frage, wieviel Bequemlichkeit es wirklich braucht; und auch: welches Verhältnis man zur Arbeit hat; sowie erneut: Was ist wichtig in meinem Leben?
Wir sind wohl beraten, gerade Letzteres zu prüfen.

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