Lese grade ein 50seitiges Büchlein mit dem Titel “Ellam Ondre” (Alles ist Eins), dessen älteste bekannte Fassung in tamilischer Sprache im 19. Jahrhunderts entstanden sein soll und durch Sri Ramana Maharshi überliefert worden ist. Es gibt darin einen interessanten Abschnitt über das Thema Frieden, den wir, natürlich etwas anders formuliert, teilweise verklausuliert, in vielen östlichen Philosophien und Religionstexten wiederfinden, u.a. übrigens bei Krishnamurti als neuerem Vertreter dieser Richtung.
“Wenn der Mensch sich im Tiefschlaf befindet, existiert die Welt weiterhin, aber macht er sich die geringste Sorge um sie? Sein Geist ist still und ruhig. Bleibt nun sein Geist genauso ruhig und unbewegt, auch wenn er mit der Welt konfrontiert ist und in ihr handeln muss, dann ist das Friede.
Kann der Geist in diesem Zustand bleiben, selbst wenn er sich mit der Welt auseinandersetzen muss?
Das hängt von unserer Einstellung zur Welt ab. Der Geist erregt sich mehr, wenn der eigene Besitz geplündert wird, als wenn dies einem anderen widerfährt. Und von diesen eigenen Dingen kann der Verlust eines bestimmten viel mehr schmerzen, als der eines anderen. Warum ist dies so?
Weil es unsere Einstellung zu den Dingen ist, die bestimmt, in welchem Ausmaß sie uns Freude oder Sorge bereiten. Lernt man alles als gleichwertig anzusehen, könnte folglich der Geist äußerst friedvoll sein […]
Ebenso das Gefühl, dass man auf nichts einen Anspruch haben kann und alles vergänglich ist, gibt einem kühle Gelassenheit. Es bringt also dauerhaften Frieden, wenn man alles als gleichwertig ansieht. Nur unsere innere Einstellung entscheidet über den Frieden […]Das bedeutet nicht, dass unsere Beziehung zur Welt beendet ist, aber wir sind nun von Frieden und kühler Gelassenheit erfüllt. Wir handeln immer nur so, wie die Umstände es erfordern […] Unsere Handlungen können variieren, sind aber immer unvoreingenommen, während die Handlungen anderer aufgrund ihrer vorgefassten Urteile unterschiedlich sind […]
In Abwesenheit dieses “Friedenslichtes”, welches dazu befähigt, sich an verschiedene Umstände anzupassen, verdammen die Menschen die Welt als einen Ort voller Elend, so wie sie sich über die Unebenheiten eines Weges beklagen würden.
Daher sollte ein Mensch, der vollkommenen Frieden gefunden hat, durch die Erkenntnis, dass die ganze Welt nichts als ein steter Traum ist, weder als weltfremd angesehen werden, noch als unbeteiligt an den Tätigkeiten der Welt. Nur er befindet sich in wirklicher Harmonie mit der Welt; nur er kann richtig handeln. Was unsere Aufgaben wirklich regelt, ist Friede.“
Die Folge des ersten gelungenen Versuchs, sich von Bindungen an materielle Güter, an Wünsche, Furcht und liebgewordene Vorstellungen zu lösen, ist bereits ein tiefes Gefühl des Friedens, eine körperlich spürbare Erleichterung, die ich vor vierzehn Jahren einmal, und vor einem Jahr noch einmal deutlich erlebt habe… aber das ist wieder eine andere Story. Es genügt zu sagen, dass es von der ersten Sekunde an funktioniert, dass man, um anzufangen, also kein Erleuchteter (Freak) sein muss und dass der Pfad, auch wenn er erst mal unattraktiv erscheint, das Dasein von Getriebenheit befreit und stattdessen mit Zufriedenheit füllt, die unabhängig von der Erfüllung von Wünschen ist.