1981 (Fundstück)

1981 (Fundstück)

Fragen: Frank Wiering
Antworten: Samuel T. Cohen

F: Entwickeln Sie gern Waffen?

A: Ehrlich gesagt, ja. Es ist eine Herausforderung. Eine sehr faszinierende Beschäftigung.

F: Was denkt Ihre Frau über die Bombe?

A: Über die Bombe? Meiner Frau ist die Bombe völlig gleichgültig. Sie beschäftigt sich mit Tennis und mit dem Haushalt und überhaupt nicht mit dieser Art schrecklicher Dinge.

Wenn ich gefragt werde, ob es nicht unmoralisch sei, Menschen zu töten, aber Eigentum zu verschonen, dann sage ich immer: Die Menschen sind feindliche Soldaten und nur darum geht der Krieg. Eigentum, Zivileigentum zu verschonen ist sicherlich moralisch.

F: Was passiert den Soldaten, über denen die Bombe explodiert?

A: Sie werden durch die intensive Bestrahlung mit Neutronen schwere Traumata davontragen. Die meisten feindlichen Truppen innerhalb des Strahlungsgebietes sind in ein paar Minuten außer Gefecht gesetzt. Es ist im wesentlichen eine Wirkung auf das zentrale Nervensystem; sie werden gelähmt. Sie können einfach nicht mehr kämpfen. Bei größerem Abstand greift die Strahlung den Magen-Darm-Kanal an. Die Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und so weiter. Was sich dahingehend auswirkt, dass sie im wesentlichen funktionsuntüchtig werden.

F: Sterben sie danach?

A: Ja, die meisten Soldaten in diesen ersten beiden Kategorien sterben nach einiger Zeit. Je dichter sie dran sind, desto schneller sterben sie. Diejenigen, die am dichtesten beim Zentrum sind, bekommen wahrscheinlich einen so großen Schock, dass sie sehr schnell sterben.

F: Ist das nicht eine schreckliche Art zu sterben?

A: Jede Art zu sterben ist schrecklich, wenn es soweit ist. Wenn man die physiologischen Auswirkungen der Neutronenbombe mit denen von konventionellen Waffen vergleicht, dann wird man logischerweise zu dem Schluss kommen, dass, wenn man zwischen den beiden wählen müsste, man sich für die Neutronenbombe entscheiden würde.
Der moderne Krieg ist mechanisiert. Man drückt nur noch auf Knöpfe. Es gibt keinen Platz mehr für Helden. Der nächste Krieg wird keine Wiederholung der Grabenkämpfe und Sturmangriffe des Ersten Weltkrieges sein, auch nicht dessen Wiederholung im größeren Maßstab im Zweiten Weltkrieg. In diesen zwei Kriegen gab es häufig die Möglichkeit sich zu sagen: Ich bin tödlich verwundet also werde ich wohl sterben, aber ich nehme noch einige Feinde mit. Im Dritten Weltkrieg wird das kaum mehr vorkommen.

F: Mr. Cohen, Sie haben einen Sohn bei der Marine. Wie fänden Sie es, wenn er Opfer einer Neutronenbombe würde?

A: Oh, nein, nein, nicht in der Marine. Die Neutronenbombe wird auf dem Land eingesetzt. Wenn mein Sohn jemals in eine Kriegszone kommt, gehört die Neutronenbombe nicht zu den Gefahren, die ihn bedrohen. Wohl Torpedos und ferngesteuerte Raketen.

F: Was würden Sie in einer solchen Situation für ihn vorziehen, einen Torpedo oder eine Neutronenbombe?

A: Eigentlich lieber einen Torpedo. Denn ein Torpedo, den ich eine umgekehrte Neutronenbombe nenne, vernichtet Material, aber kein Leben. Ein Torpedo soll das Schiff zum Sinken bringen, und mein Sohn kann auf einem Floß oder Rettungsboot entkommen und am Leben bleiben. Mir wäre es also lieber, wenn sein Schiff mit Torpedos angegriffen würde; die Neutronenbombe würde alle töten und das Schiff unversehrt lassen.

F: Wenn wir davon ausgehen, haben Sie dann in den letzten 20 Jahren jemals gedacht: O Gott, was hab ich da erfunden?

A: Nein, niemals. Es ist die mit Abstand wirksamste Selektivwaffe, die jemals erfunden worden ist. Das klingt sehr angeberisch, aber es ist tatsächlich so. So etwas hat es noch niemals gegeben.

F: Sehen Sie sich selbst als Wissenschaftler?

A: Nicht mehr. Nicht wirklich. Wenn wir die Psychoanalyse und das Unterbewusste hierbei ins Spiel bringen, mag es sehr seltsam klingen, dass der erste Gedanke, der mir kam, in einer Art freien Assoziation – es wird Ihnen sicherlich eigenartig erscheinen -, dass der erste Gedanke war, dass ich mich selbst als einen Humanisten betrachte.

F: Wie kann man eigentlich kreativ sein, wenn man an zerstörerischen Dingen arbeitet?

A: Verzeihung, mein Herr! Die Neutronenbombe ist keine zerstörerische Waffe. Deshalb kann ich diese Frage nicht beantworten.

F: Aber sie tötet Menschen.

A: Sie tötet feindliche Soldaten. Noch einmal, das gehört nun mal leider zum Krieg. Und so ist es immer gewesen. Entschuldigen Sie mich. Ich muss zur Arbeit.

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